Wer so gerne über Fairness und Geschäftsbeziehung spricht wie große Mediaagenturen, muss sich auch fragen lassen, wie die vielen starren Commitments zu immer mehr Inventory Media passen. Im Media-Einkauf und Media-Management wird sich das 2021 zuspitzen.

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Januar, 2021. Wie gut, dass es Mediaagenturen gibt. Die glauben wenigsten noch an was. Zwar ist die V-förmigen Erholung im Werbejahr 2021 selbst bei denen vom Tisch. Deren Getrommel ist aber deutlich vernehmbar: Nutzen Sie Inventory Media. Machen Sie mehr Bewegtbild! Buchen Sie jetzt Medien, die schnell Reichweite bringen. Und, na klar, geben Sie endlich ein Commitment ab. Obendrauf gibt’s gute Ratschläge, was sich in Zeiten wie diesen ziemt: Zusammenstehen statt pitchen.

Gut gebrüllt. Klopfen wir also mal auf den Busch.

Beginnen wir mit dem Drängen der Agenturen auf Commitments: Nicht selten sehen wir gerade in aktuellen Mediaplänen Tradinganteile von 80 und mehr Prozent. Bei Kenntnis der Materie stellen sich allerdings sofort Gegenfragen: Was, bitteschön, habe ich als Kunde da noch konkret von einem Commitment? Und: Was genau steckt eigentlich für eine Ware in dem Teil der Pläne, in dem Agenturen als Händler agieren?

Nun ist Trading, sofern sauber spezifiziert, nicht gleich Teufelszeug. Auch ein Commitment kann noch immer Sinn machen. Aber: Die Dinge geraten aktuell aus dem Lot und die Unsicherheit im Markt beschleunigt diesen Prozess.

Großagenturen forcieren massiv Trading und fordern obendrein Commitments

In fragilen Zeiten brauchen Werbetreibende Budgetflexibilität. Und damit, so sie überhaupt davon noch Vorteile haben, „atmende Commitments“. Was wir allerdings im Markt zusehends sehen? Rapide ansteigendes Trading und starre Commitments.

Schon vor Corona verstanden es die Agenturen vortrefflich, Trading vor allem mit einem Zauberwort zu verknüpfen: Konditionsvorteile! Die kannte man schon von Commitments. Dass die Kombination – viel Trading und Commitments – in zahllosen Fällen klar zu Lasten der Kundeninteressen geht, wissen leider nur die Mediaprofis. Zwischen den „kundigen Kümmerern“ des modernen Media Managements und dem Rest wird die Schere damit weiter aufgehen.

Schließlich sind die nationalen und internationalen Mediapreise derzeit massiv in Bewegung. Hier und da zeigen sich aktuell Inflation und Deflation sogar gleichzeitig – eigentlich ein Fest für jeden Einkäufer. Während aber punktuelle Preiserhöhungen schnell beim Kunden durchschlagen, bleiben Preissenkungen im Arbitrage-Modell der gewieften und mächtigen Media-Agenturen hängen. Die Großagenturen mit diesem Geschäftsmodellhaben also handfeste Interessen, den Tradinganteil in den Mediaplänen ihrer Kunden zu erhöhen. Dass Kunden obendrein – und das gar bei Tradinganteilen jenseits von 90% – noch Commitments „nahegelegt“ werden, dient dem einen als Vollversicherung, dem anderen gereicht das zu einem höchst fragwürdigen Vorteil.

Wie lange reicht die Geduld der Kunden?

Die Agenturen werden entgegnen: Wir tragen doch mehr Risiko! Würde stimmen – wäre da nicht allzu häufig die eingebaute Rückversicherung der sinkenden Leistung pro Media-Euro. Setzt sich diese Entwicklung fort, was aktuell der Logik von Angebot und Nachfrage widerspricht, werden die Kunden, die schlicht nachrechnen, den Agenturvergleich suchen, um dann wieder marktgerechte Preise zu zahlen.

 

Dieser Text ist die Originalfassung des Autors.
Eine geringfügig kürzere Fassung ist erschienen in Absatzwirtschaft 1/2021 und finden Sie hier.

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