Was erzählt man einem Journalisten, der etwas über „moderne Mobilität“ schreiben möchte? Und das noch im Sonderteil „Automobil-Marketing“ eines Fachtitels der mitteilsamen Marketingbranche. Das Auto-hip-hip-hurra ist lange rum – auch wenn’s die, so scheint’s, nicht recht mitkriegt. Michael Reidel und die Horizont haben nun jenseits der Anzeigenströme von Mobilität & Marketing nachgefragt – und gewähren lassen. Kommt da etwa was in Fahrt?

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„Mobilität & Marketing: Was soll ich sagen? Nun, in der Stadt fahre ich mittlerweile 90 Prozent aller Strecken unabhängig von der Jahreszeit mit dem Fahrrad. Da ich kein Fitness-Studio-Typ bin, tue ich so meiner Gesundheit und meiner Entspannung etwas Gutes. Ich bin verlässlicher und schneller unterwegs als mit dem Auto. Das ist vor allem meine Motivation. Ich möchte mich einfach nicht jeden Tag in den Arbeitstag und in den Feierabend stauen.

Ich besitze mehrere Räder. Ein E-Bike gerade für heiße Tage, um in München Geschäftstermine erledigen zu können – ohne verschwitzt anzukommen. Ein U-Bahn-Radl, um zum ÖPNV zu gelangen – ohne nachdenken zu müssen, ob’s morgen noch da ist. Vor allem aber nutzen wir Cross-und Trekking-Bikes, um tägliche Pendelstrecken schnell und bequem zu fahren.

Bei Dienstreisen habe ich ab und an ein Falt-Bike dabei, das ICE-kompatibel ist. Das steckt in einer Hülle, lässt sich wie ein Koffer im Abteil transportieren und ich muss dafür auch keinen Aufpreis zahlen. So kann ich auch in anderen Städten mit dem eigenen Rad fahren.

Mobil in der Stadt? Geht. Nur das "Auto" aus Automobil muss man meist streichen.

Manchmal nutze ich auch ein(en) Leih-Scooter, -Roller, ein Fahrrad …. Wie es sich halt trifft. Das ist smarte und moderne Mobilität, die ich sinnvoll mit Apps, beispielsweise von Deutscher Bahn, Share Now und MVV, kombiniere.

Auch das Auto hat hier für mich weiterhin seinen Platz – und zwar dann, wenn es wirklich sinnvoll ist: für Urlaubsfahrten, für Strecken, die schwer mit Bahn und ÖPNV zu meistern sind oder als Transportmittel von Gegenständen.

Die Nutzungssituation ist für mich entscheidend, nicht der Besitz. Die stereotyp inszenierte Mobilität der Widescreen-Werbewelten des Auto-Marketings, in der SUVs durch Wüsten, Wälder oder nächtliche Häuserschluchten pflügen um Freiheit und Abenteuer zu versprühen, mutet mir doch gestrig an und ich bin immer wieder erstaunt, dass derlei Copies noch ihren Dienst tun.    

Besitz belastet? Nicht immer. Aber ein Ding, das nur rumsteht, Platz wegnimmt und Geld kostet?

Das „nutzen können“ und “ nutzen wollen“ haben wir auch in unsere Arbeitswelt übertragen. Bei BRAIN Marketing & Media haben wir schon vor zehn Jahren die klassischen Dienstwagenregeln abgeschafft und gerade bei der Mobilität auf nutzungsbedingte Mietmodelle umgestellt. Mitarbeiter können bei uns ein Dienst-E-Bike bekommen, das sie steuerlich geltend machen können. Für alle Strecken, die sich innerhalb von vier bis fünf Stunden zu erreichen sind, nutzen wir die Bahn. Und bei der Suche nach einem neuen Büro-Standort haben wir darauf geachtet, dass die Mitarbeiterinnen, die mit dem Rad kommen oder in der Mittagspause Sport machen wollen, bei uns duschen können und ihre Kleiderschränke haben.

Wenn das alles vorhanden ist, gibt es einfach keine Ausreden mehr. Schließlich ist Mobilität in unserer Branche weiter notwendig – mit Sinn und Verstand wird sie in vielerlei Hinsicht ein wenig besser und vertretbarer. Und als Arbeitgeber kann man mit vielen Dingen smarte Mobilität in der Stadt unterstützen. Davon und nicht dem ganzen Marketing-Nachhaltigkeits-Gequassel profitieren am Ende alle.“

Statements von Markus Werner

Protokolliert von Michael Reidel, Horizont

Zur Druckfassung der Horizont 35-36/2021 und drei Berufskollegen aus der Marketing-Branche und deren Sicht zu moderner Mobilität in der City. 

 

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